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Lichtverschmutzung und ihre Auswirkungen auf Mensch und Tier - Interview mit Catherine Pérez Vega

Lichtverschmutzung ist nicht nur eine städtische Belästigung - sie stört Ökosysteme, beeinträchtigt die Biodiversität und wirkt sich auch auf die menschliche Gesundheit aus. Wir sprachen mit Dr. Pérez Vega über ihre Forschung, die dringende Notwendigkeit von nachhaltigem Beleuchtungsdesign und wie unsere lokale Dark Sky Zone als Vorbild dienen kann.

Frau Doktor Pérez Vega, Sie haben gerade Ihre Doktorarbeit an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Der Titel der Dissertation lautete: «The environmental impact of artificial lighting in urban settings: gaps, challenges, and sustainable lighting design» (auf Deutsch etw. «Die Umweltauswirkungen künstlicher Beleuchtung in städtischen Gebieten: Lücken, Herausforderungen und nachhaltiges Beleuchtungsdesign»).

Was muss man studieren, um mit diesem Thema konfrontiert zu werden? Biologie?


Mein Hintergrund liegt im Bereich Beleuchtungsdesign, und ich habe mein Doktoratsprojekt in den Naturwissenschaften abgeschlossen, mit einem Schwerpunkt auf Lichtverschmutzung und Ökologie. Dieses Projekt erforderte es, die beiden Felder [Lichtdesign und Biologie] miteinander zu verbinden.

Ich habe dies gerne getan, da ich es für essenziell halte, die Schnittstelle zwischen Ökologie und Lichtdesign zu verknüpfen, um Lichtverschmutzung anzugehen. Ich hoffe, dass in Zukunft mehr Studierende motiviert sind, sich nicht nur auf Lichtplanung zu konzentrieren, sondern auch die Ökologie der Nacht zu erforschen und mehr darüber zu lernen.

Es gibt auch ein Wort, das verwendet wird, um das Ergebnis dieser Forschungsfeld-Verbindung zu beschreiben: «Nyktologie». Was ist Nyktologie?

Ich bin ein Fan dieses Begriffs. Wenn ich mich nicht irre, wurde er von Christopher Kyba und seinen Kollegen in einem Forschungsartikel mit dem Titel «Night Matters - Why the Interdisciplinary Field of 'Night Studies' Is Needed» geprägt, und sie beschreiben ihn als die «Interdisziplinarität der Felder, die die Nacht erforschen.» Es ist ein griechischer Begriff, der sich auf die Untersuchung von nachtbezogenen Themen bezieht.

Hier wird der Begriff genutzt, um die Interdisziplinarität von Forschungsfeldern- einschliesslich Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften, Wissenschaftskommunikation und Sozialwissenschaften - zu beschreiben und aufzuzeigen, wie diese zusammenarbeiten müssen, um jede Form von künstlichem Licht, das nachts genutzt wird und potenziell negative Auswirkungen haben könnte, zu identifizieren.

Im Rahmen solcher Diskussionen hat man auch den Begriff «Artificial Light at Night» (Künstliches Licht bei Nacht) definiert. Er ist mittlerweile ein geläufiger Begriff in der Community. Ich würde sagen, dass ALAN gut in die Lichtforschung integriert ist und dazu beigetragen hat, das Verständnis dafür zu vertiefen, dass künstliches Licht in der Nacht ein potenzieller Stressfaktor für die Umwelt und Biodiversität sein kann.

Wer... oder vielmehr was ist ALAN?

ALAN steht für «Artificial Light at Night», und es ist ein Begriff, der in Studien zur Lichtverschmutzung häufig verwendet wird, um Beleuchtungstechnologien zu bezeichnen, die unsachgemäss verwaltet oder schlecht kontrolliert werden und in der Folge Lichtverschmutzung verursachen.

In der wissenschaftlichen Gemeinschaft dient er als Oberbegriff, aber bei Fachpersonen für Licht könnte er einfach als «eine künstliche Lichtquelle, die nachts verwendet wird» verstanden werden.

Wir können also sagen, dass künstliches Licht in der Nacht der Schwerpunkt meiner Forschung ist. Ich untersuche die Auswirkungen von künstlichem Licht in der Nacht auf städtische Gebiete und die nächtliche Ökologie.

Mit anderen Worten, für Naturwissenschaftler*innen ist der Begriff ALAN immer negativ konnotiert, während er für Beleuchtungsplaner*innen wie Sie neutral ist?

Kurz gesagt, ja. Wenn wir ihm eine Konnotation zuordnen müssten, positiv oder negativ, könnten wir ihn folgendermassen zusammenfassen: Für (Lichtverschmutzungs-)Forscher wird künstliches Licht in der Nacht oft als Schadstoff betrachtet, etwas, das untersucht und wenn nötig reduziert werden muss.

In der Beleuchtungspraxis hingegen bezieht sich der Begriff «künstliches Licht bei Nacht» oft einfach auf eine Lichtquelle, die positiv betrachtet wird, da sie als Werkzeug dient, das die Gesellschaft nutzt, um sich nachts zurechtzufinden.

1. Der Eddystone Leuchtturm zog ungewollt Vögel an.

2. Ein Foto des Eddystone Leuchtturms von 1911.

Die Wahrnehmung von ALAN als Schadstoff ist historisch gesehen ziemlich neu. Sie schreiben in Ihrer Dissertation, dass es erst ab 1975 als solcher wahrgenommen wurde.

Ich würde es als etwas beschreiben, das zunehmend stärker als Problem wahrgenommen wurde. Ein Artikel aus dem Jahr 1973 von Kurt Riegel weist darauf hin, dass man damit begann Aussenbeleuchtung als potenzielle Bedrohung für die astronomische Gemeinschaft wahrzunehmen.

Das ist sehr interessant. Es war auch die lokale astronomische Gemeinschaft, die die Idee vorschlug, den Naturpark Gantrisch, in dem wir uns befinden, in ein Dark Sky Zone zu verwandeln. Die astronomischen Gemeinschaften scheinen sehr aktiv zu sein, wenn es darum geht, den Nachthimmel, den sie so mögen, zu schützen.

[lacht] Aber ich muss zugeben, es gibt sogar noch frühere Quellen, die Lichtverschmutzung erwähnen.

Interessanterweise zeigt eine Illustration des Eddystone-Leuchtturms aus dem Jahr 1912 (siehe Abbildung 1) nicht die Lichtverschmutzung, wie wir sie heute verstehen, sondern stattdessen «ökologische Lichtverschmutzung». Genauer gesagt zeigt die Zeichnung wie Zugvögel von den Strahlen der Flutlichter in der Nacht angezogen werden.

Dieses visuelle und schriftliche Dokument, mehr als 100 Jahre alt, erkannte bereits die Lichtverschmutzung in der Nacht an.

3. Der Eddystone Leuchtturm heute.

Der erste Auftrag zur Entwicklung der Technologie und zum Bau eines Planetariums fällt genau in denselben Zeitraum. Offensichtlich war die Lichtverschmutzung in Städten damals bereits ein bekanntes Problem.

Ja, Wissenschaftler beobachteten damals bereits, was heute als «sky glow» in Städten bekannt ist. «Sky glow» wurde von einem meiner Kollegen und Doktorats-Mentor, Dr. Andreas Jechow, als die leuchtende Kuppel beschrieben, die oft in der Nacht über dicht besiedelten Gebieten zu sehen ist.

Wenn sich die atmosphärischen Bedingungen ändern, zum Beispiel wenn der Himmel bewölkt ist, kann dieser Effekt aufgrund der erhöhten Streuung von künstlichem Licht verstärkt werden, was den Himmel noch heller erscheinen lässt.

Der Effekt ist also schlimmer, wenn es bewölkt ist und das Leuchten zurück auf die Erde reflektiert wird?

Genau.

4. Ein typisches Beispiel von nächtlichem «Sky Glow» über einer Stadt.

Wir beleuchten also in diesem Fall etwas, das wir gar nicht beleuchten wollten. Ich denke, das ist etwas, dem wir alle schon einmal begegnet sind, ungewollt von nächtlichem Licht geblendet zu werden?

Ja. Ich denke, wir alle haben Lichtverschmutzung erlebt, die unsere Häuser oder Grundstücke betrifft. Ich finde es interessant, dass immer, wenn ich erwähne, dass ich Lichtverschmutzung erforsche, die erste Reaktion oft lautet: «Oh, da ist diese Leuchte in der Nähe meines Hauses, die mich stört.» Es ist etwas, das uns so nahe ist, etwas, das wir täglich erleben, sogar in unseren eigenen vier Wänden, besonders in städtischen Gebieten.

Ich zum Beispiel lebe in Berlin, und während es dort noch bestimmte Orte gibt, an denen ich einige Sterne sehen kann, hoffe ich, dass wir eines Tages den Punkt erreichen, an dem wir keine unnötige Beleuchtung auf Gebäuden oder nach oben gerichtete Beleuchtungen auf Dächern mehr haben, und dass wir in der Lage sein werden, mehr Sterne zu sehen.

Aber natürlich besteht das Problem darin, dass das künstliche Licht nicht richtig verwaltet oder kontrolliert wird. Und als Forscher liegt es nicht in unserer Verantwortung, das Licht einfach anzupassen, besonders wenn es von privaten oder kommerziellen Gebäuden kommt.

Das heisst, die Lösung für das Problem der Lichtverschmutzung ist also nicht unbedingt, weniger Lampen zu haben, sondern besser regulierte Lampen?

Ich schätze es, wie Sie das Wort «reguliert» verwendet haben. Im Moment würde ich sagen, dass es unterschiedliche Perspektiven darauf gibt, wie die Aussenbeleuchtung gehandhabt werden soll.

Manche argumentieren vielleicht, dass wir einfach alle Lichter ausschalten sollten, aber das ist keine tragfähige Lösung, da wir immer noch Licht für Zwecke wie das Bewegen von Punkt A nach Punkt B oder für den Fahrzeugverkehr benötigen.

Die [bisher vorhandenen wissenschaftlichen] Empfehlungen und Richtlinien betonen die Notwendigkeit einer besseren Kontrolle und eines ordnungsgemässen Managements der Beleuchtung. Wir müssen Licht dort platzieren, wo nächtliche Nutzer es benötigen und vermeiden, Licht an Orte zu lenken, wo es nicht benötigt wird, z.B. bei Gewässern, Grünflächen, Überschwemmungsgebieten.

Allgemein sollte nach oben strahlendes Licht vermieden werden. Wo niemand ist, da wird auch kein Licht benötigt.

5. «Hübsch» aussehendes, aber zum Glück nicht alltägliches Streulicht auf der Aare in Bern, 2023.

Sie haben sich in Ihrer Dissertation insbesondere Brücken angesehen. Hier zum Beispiel haben Sie gesehen, dass die äusseren Teile der Brücken beleuchtet werden. Aber das sind nicht jene Teile der Brücken, an denen sich Menschen noch Autos befinden, richtig?

Ja. Ich stimme zu, dass wir Brücken für den Verkehr usw. beleuchten müssen. Solange das Licht auf den Bereich gerichtet ist, wo es benötigt wird, wie zum Beispiel auf einen Fussgänger- oder Fahrzeug-Durchgang, sollte es ja auch nicht andere Bereiche stören, die nicht notwendigerweise zu beleuchten sind.

Was die beleuchteten Brücken in meiner Dissertation anbelangt, haben die erhobenen Daten gezeigt, dass es dort Lichtverschmutzung gibt, die auf den Brücken selbst entspringt, aber auch in der Umgebung (Sky glow). Diese Brücken, insgesamt sieben, haben jeweils ihre eigene Typologie und Beleuchtungssystem, was bedeutet, dass sich ihr Licht in der spektralen Verteilung und Beleuchtungsstärke unterscheidet.

Das bedeutet jedoch nicht, dass das Licht auch noch die darunterliegende Wassersäule beleuchten muss. Schliesslich fahren die Autos ja nicht ins Wasser.

[Lacht] Wenn wir Berlin, wo Sie Ihre Studien durchgeführt haben, als Beispiel nehmen: Könnte eine Stadt, die von einem Fluss mit mehreren Armen durchzogen wird, möglicherweise entscheiden, einen dieser Arme ohne beleuchtete Brücken zu lassen, um so eine Art Korridor für Tiere zu schaffen?

Ich denke, das ist ein guter Punkt, den Sie ansprechen. Ein ökologischer Korridor für Tiere. Das entspricht noch nicht der typischen Denkweise für den Einsatz von Licht in der Nacht. Aber ich glaube, sobald wir mehr ökologisches Wissen in die Beleuchtungsplanung einfliessen lassen, wird die Planung von solchen Korridoren eine natürliche Reaktion sein.

Wir werden anfangen zu fragen, wo sich die ökologischen Korridore befinden und wie wir sie schützen können. Wenn wir Licht(-Quellen) momentan verbauen, steht der Mensch im Mittelpunkt - Licht überall. Aber wir brauchen nicht überall Beleuchtung. Wir durchqueren nicht jedes Stück Landschaft zu jeder Zeit, und wir schwimmen nachts auch nicht [in Flüssen].

Persönlich liebe ich es, hier in Berlin spazieren zu gehen, und ich schätze es, wenn ich den Weg, auf dem ich gehe, auch sehen kann. Gleichzeitig bin ich froh, dass es in manchen Bereichen Bäume gibt und sie nicht überbeleuchtet sind, sodass ich noch den Kontrast der nächtlichen Umgebung sehen kann, selbst in einer so grossen Stadt.

In solchen Situationen versteht und hinterfragt man: Was brauchen wir wirklich an Beleuchtung?

Es gibt noch viel zu tun, um das Wissen von einem Forschungsfeld (Forschung zu Lichtverschmutzung) in das andere (Lichtdesign und Beleuchtungsplanung) zu übertragen. Das Interesse ist da, aber es gibt oft die Angst, dass die Auseinandersetzung mit Lichtverschmutzung automatisch bedeutet, alles abzuschalten, was Industrien und etablierte Praktiken bedroht.

Die Diskussion geht jedoch nicht darum, eine Bedrohung zu schaffen, sondern eine ausgewogene Lösung zu finden. Wie können wir sicherstellen, dass Menschen die Nacht weiterhin erleben und sicher herumlaufen können und Strassen für Fahrzeuge angemessen beleuchtet sind, während wir gleichzeitig die Lichtverschmutzung bekämpfen?

Ich bin gespannt, wie Studien in den nächsten zehn Jahren die Beleuchtungspraktiken beeinflussen werden. Die Forschung zeigt bereits, dass wir die Lichtverschmutzung reduzieren und bessere Wege finden müssen, sie zu kontrollieren.

Für mein Doktoratsprojekt habe ich versucht, mich mehr darauf zu konzentrieren, Lösungen durch Bildung und Kommunikation zu finden.

Ich verstehe, dass ich, wenn ich über Lichtverschmutzung spreche, mir bewusst machen muss, welches Publikum ich vor mir habe - ob ich mit einem Wissenschaftler oder einer Beleuchtungsplanerin spreche - und ich muss ihre Perspektiven respektieren. Letztendlich geht es darum, sich auf das Ziel zu konzentrieren und nicht nur auf die Debatte.

6. Ob man wohl absichtlich grünes, statt weisses Licht verwendet hat?

Könnte die Dark Sky Zone im Naturpark Gantrisch und die Menschen, die dort leben, vielleicht ein Beispiel dafür sein, wie man es (richtig) macht?

Ja, das denke ich schon. Je mehr die Bewohner dieser Gebiete die Vorteile des Lebens ohne Lichtverschmutzung mit anderen von ausserhalb teilen, desto mehr werden diese Schilderungen zu einer Form der Wissenschaftskommunikation. Sie sprechen nicht nur darüber, wie es ihnen zugutekommt, sondern zeigen auch anderen, dass es überhaupt möglich ist.

Wenn man in einer städtischen Gegend lebt, höre ich oft von Beleuchtungsplanern, dass es ihnen wie eine unmögliche Aufgabe oder ein schwieriges Ziel erscheint, die Lichtverschmutzung zu reduzieren.

Aber warum nicht? Wir sagen nicht, dass wir alle Lichter komplett ausschalten sollen, aber wir können die Lichtverschmutzung in Städten sicherlich reduzieren.

Es kommt ihnen, den Menschen, direkt zugute. Auch ihrer Gesundheit. Als ich Ihre Disseration las, war ich überrascht, dass Sie Belege für direkte gesundheitliche Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf uns Menschen erwähnen. Normalerweise heisst es, dass dies zu schwierig zu quantifizieren sei.

Nun, meine Forschung hat sich nicht auf Menschen fokussiert. Aber andere Studien, die ich beiläufig las, haben gezeigt, dass künstliches Licht das Hormon Melatonin hemmen kann, welches unsere Schlaf-/Wachzyklen reguliert. Wenn der Rhythmus dieses Hormons gestört ist, kann dies unser Verhalten und unsere physiologischen Funktionen beeinflussen.

Ich denke, wir sollten uns nicht zu sehr von den Reaktionen anderer Organismen auf Licht distanzieren. Schliesslich sind auch wir ein Teil der Natur.

Wie reagieren denn andere Organismen auf Licht?

Erstens zeigen Pflanzen-Studien ein stimuliertes Wachstum und natürlich eine gestörte Pflanzen-Pflanzenfresser Interaktion. Aber wenn wir uns Studien zu anderen Organismen ansehen - Arthropoden, Insekten, Spinnen, Amphibien, Reptilien, Fische, Fledermäuse, nicht-menschliche Säugetiere, darunter Huftiere, Primaten und Nagetiere - zeigen sie unterschiedliche physische und Verhaltensreaktionen auf Licht.

Jede Gruppe reagiert völlig anders, und wir sollten nicht annehmen, dass alle Organismen auf die gleiche Weise auf Licht reagieren. Das Ganze wird noch komplizierter, wenn man auch noch die Zusammensetzung des Lichts berücksichtigt, da verschiedene Lichtzusammensetzungen unterschiedliche Reaktionen bei bestimmten Organismen hervorrufen.

Und es gibt sogar Organismengruppen, die diesbezüglich noch überhaupt nicht erforscht wurden.

Sie erwähnen sogar Tiere, die sich physisch verändert haben, aufgrund des Einflusses von Lichtverschmutzung...

Bestimmte Organismen erfahren, wenn sie Licht ausgesetzt sind, physiologische Veränderungen oder ihre typischen Entwicklungsprozesse werden gestört. Das bedeutet hauptsächlich, dass ihre Entwicklung, die normalerweise durch natürliche Lichtveränderungen beeinflusst wird, beeinträchtigt wird.

Ja, Licht kann tatsächlich die Physiologie eines Organismus verändern. Zum Beispiel konnte eine Studie von Willmot et al. (2018) zeigen, dass Radnetzspinnen, die nachts künstlichem Licht ausgesetzt waren früher ausgewachsen waren als gewöhnlich. Die Studie zeigte überdies eine erhöhte Sterblichkeitsrate und eine geringere Ei-Produktion bei den Weibchen.

Das sind ja enorme Auswirkungen auf das Leben dieser Tiere und das durch etwas scheinbar so harmloses wie Licht!

Ja, und auf einer höheren Ebene können diese Veränderungen, die wir beobachten, die Biodiversität direkt beeinflussen, möglicherweise durch das Aussterben bestimmter Arten.

Aber was genau ist Biodiversität? Biodiversität ist ein Schlüsselfaktor für die Gesundheit von Ökosystemen und letztendlich für unser Überleben. Wir sind davon abhängig. Ökosysteme bieten essenzielle Dienstleistungen wie saubere Luft und Wasser. Die Vielfalt der Arten sichert unsere Nahrungsquellen.

Biodiversität unterstützt aber auch die Wirtschaft, da sie Freizeitaktivitäten, Fischerei, Landwirtschaft und Tourismus überhaupt erst möglich macht. Der Verlust von Biodiversität und Arten könnte Ökosysteme stören und so das Gleichgewicht bedrohen, das das Leben erhält, und damit möglicherweise unser Überleben gefährden.

Wie haben Sie es geschafft, sich nicht überwältigt zu fühlen, als Sie erkannt haben, wie gefährlich die Bedrohung durch Lichtverschmutzung tatsächlich ist?

Ich denke, das Gefühl, überwältigt zu sein, war immer präsent. Es wurde zu einem Begleiter während des gesamten Prozesses [meiner Doktorarbeit], und ich musste es akzeptieren. Aber dieses Gefühl half mir auch, das Problem klarer zu verstehen.

Der nächste Schritt bestand darin, herauszufinden, wie ich dieses Verständnis mit anderen teilen kann. Für mich war es offensichtlich, was getan werden muss. Die Herausforderung bestand unter anderem dann darin, es den Experten zu kommunizieren, wie meinen Betreuern, die alle völlig unterschiedliche Perspektiven hatten. Ich musste ihnen sagen: «Wir müssen zusammen arbeiten und eine gemeinsame Basis finden.»

Es gab definitiv Höhen und Tiefen, aber ich bin froh, dass ich die Entscheidung getroffen habe, wirklich in die Wissenschaft einzutauchen und mich darauf zu konzentrieren, was wir ändern, oder in die Bildung integrieren können - für Beleuchtungsplaner, die Industrie und alle, die sich für Lichtverschmutzung interessieren, damit sie das Problem in seiner Gesamtheit verstehen.

Es liegt jedoch noch viel Arbeit vor uns.

Bilder
 

  1. Illustration Eddystone Leuchtturm. Aus Normandy Then and Now, 2018.
  2. Eddystone Leuchtturm, 1911. Public Domain.
  3. Eddystone Leuchtturm heute. Aus Pline, 2006.
  4. Beispiel «Sky Glow». Aus DarkSky Texas, 2023.
  5. Streulicht auf der Aare in Bern, 2023. E. Dubois.
  6. Beleuchtung Berner Münster, 2022. E. Dubois.

Quellen
 

  • DarkSky Texas, "What is Skyglow - And How Is It Affecting Our Night Sky?," 2023. (darkskytexas.org/what-is-skyglow)
  • Normandy Then and Now, "Hypnotising the birds, at Gatteville lighthouse," 21.04.2018. (normandythenandnow.com/hypnotising-the-birds-at-gatteville-lighthouse)
  • Pline, "Heutiger Leuchtturm und der Rest von Smeatons Turm," 25.05.2006. (de.wikipedia.org/wiki/Eddystone-Leuchtturm#/media/Datei:Phare-d-Eddystone-Rocks.jpg)
  • Space Eye - Observatorium für Weltraum und Umwelt, "Planetarien - Ersatz für den echten Sternenhimmel, oder doch viel mehr?", 24.05.2024. (space-eye.ch/space-news/Planetarien---Ersatz-fur-den-echten-Sternenhimmel--oder-doch-viel-mehr~blog1907)

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