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Von Licht zu Daten - Die «Magie» unserer CCD-Kamera

«CCD-Kamera» - ein Begriff aus der Astrofotografie, doch was steckt dahinter? Wie verwandelt sie Licht in Daten? Und warum spielt dabei die Bewegung einzelner Elektronen eine Rolle? Ein Blick auf unsere Kamera am Hugo-Mathys-Teleskop gibt die Antwort - bis hinab zur Ebene der Elementarteilchen.

«Vorher gilt es aber auch, die Technik hinter dem dazu notwendigen Equipment zu verstehen, weshalb wir einen genaueren Blick auf die Funktionsweise der CCD-Kameras werfen müssen.»

So endete unser letzter Blog-Post - und damit haben wir direkt einen klassischen Fehler gemacht. Natürlich war eine Astro-Kamera, wie sie an unserem Teleskop hängt, gemeint.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff erfahrungsgemäss auch so verwendet. Dennoch ist er, wenn nicht falsch, zumindest zu ungenau. Natürlich enthalten inzwischen praktisch alle im Handel erhältlichen, wiederverwendbaren Kameras einen modernen CMOS-Chip, die weiterentwickelte Variante eines CCD-Chips.

CCD-Chips sind aber nach wie vor weit verbreitet.

Ein sprachliches Relikt

Man findet sie in Scannern, Barcode-Scannern, diversen medizinischen Geräten, den selten gewordenen Faxgeräten usw. Doch warum verwendet man im Kontext der Astrofotografie den Begriff «CCD-Kamera»?

Es muss sich um ein sprachliches Relikt aus der Zeit handeln, als diese Technologie die astronomische Bildgebung revolutionierte. Eigentlich passend, dass die Bezeichnung inzwischen wieder korrekt ist, seit die CCD-Sensoren in Spiegelreflexkameras grösstenteils durch CMOS-Sensoren verdrängt worden sind.

«Echte» Astro-Kameras vs. Astromodifizierte Spiegelreflexkameras

Hier also zur Klarstellung ein Vergleich von «echten» Astro-Kameras und «Astromodifizierten Spiegelreflexkameras» (siehe auch Abbildung 3):

1. Übersichtstabelle zu den Unterschieden von Astro-Kameras und DSLR-Kameras.

Leider gibt es von Astro-Kameras keine Querschnitte, die uns erlauben würden, ihr Innenleben auf einen Blick zu erfassen, im Gegensatz zu Spiegelreflexkameras.

Die Hersteller scheinen dieses Geheimnis gut zu hüten, und um sie zum Zweck des Erkenntnisgewinns einfach aufzuschneiden, sind Astro-Kameras doch eher zu kostspielig.

Sowohl «echte» Astro-Kameras als auch Astromodifizierte Spiegelreflexkameras enthalten aber einen lichtsensitiven Chip.

2. Aufsicht auf einen Querschnitt einer Digitalkamera. Das in der Linse gebundelte Licht fällt direkt auf den CCD-Chip. Früher wurde an dieser Stelle der Film belichtet.

3. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Teleskop mit DSLR-Kamera links und Astro-Kamera rechts.

Aufbau eines CCD-Chips

Da in unserer Kamera am Hugo-Mathys Teleskop ein CCD-Chip verbaut ist, werden wir uns hier mit dessen Aufbau befassen und die Struktur von CMOS-Chips nur am Rande streifen.

Ein CCD-Chip ist eigentlich nichts anderes als eine Ansammlung von Millionen (1 Megapixel = 1 Million Pixel) von lichtempfindlichen Halbleiter-Einheiten, die als Pixel bezeichnet werden. Bei Halbleitern handelt es sich um Materialien, die «eine geringe elektrische Leitfähigkeit, die jedoch höher, als bei einem Isolator ist» aufweisen.

4. Aufbau eines einzelnen Pixels (schematisch).

5. Verschiebung der Ladung von Pixel zu Pixel.

Kristallstruktur von dotierten Silizium-Kristallen

Solche Materialien werden also erst durch Anregung zu elektrischen Leitern, in denen Ladungskörper sich fortbewegen können. Im Falle von CCD-Chips erfolgt diese Anregung durch ankommende Lichtteilchen (siehe Abbildung 4), also Photonen, die Elektronen dazu anregen, ihre Gitterplätze in der Kristallstruktur des Halbleiters zu verlassen.

Bei CCD-Chips werden in der Regel dotierte (engl. «doped») Silizium-Kristalle verwendet.

Dabei handelt es sich wider Erwarten nicht um Kristalle, die leistungssteigernde Mittel genommen haben, sondern um solche, deren Kristallstruktur mit Nicht-Silizium-Atomen verunreinigt worden sind.

Wenn z.B Bor-Atome den Platz von Silizium-Atomen einnehmen, fehlt ein «verbindendes» Elektron, wodurch ein Elektronenloch entsteht.

6. Ein Schiebepuzzle.

Von Elektronen-Löchern & «Verbindungs»-Elektronen

Diese «Löcher» erleichtern den Elektronen ihre Wanderung durch das Kristallgitter, wodurch eine Ladungssammlung entsteht (siehe Abbildung 7: Elektronen-Löcher, «Verbindungs»-Elektronen). Insgesamt ist der Prozess vergleichbar mit dem Verschieben der einzelnen Steine bei einem «Schiebepuzzle» (siehe Abbildung 6).

Die innerhalb des Pixels «angesammelte» Ladung wird in der Folge (durch das entstandene elektrische Potenzial) von Pixel zu Pixel transportiert, bis sie an deren Rand ausgelesen werden (siehe Abbildung 5).

7. Gitterstruktur eines dotierten Silizium-Kristalls.

Wissenschaftliche CCD-Chips sind monochrom

Um mit den in wissenschaftlichen Astro-Kameras verwendeten CCD-Chips die maximal mögliche Menge Licht zu absorbieren (und somit auch lichtschwache Objekte zu registrieren), sind diese meist monochrom, was bedeutet, dass die einzelnen Pixel nicht «nur» für bestimmte Wellenlängen des Lichts (Farben) sensitiv sind. Es wird also eine höhere Bildauflösung erreicht.

Durch Vorschaltung eines Filterrads (siehe Abbildungen 8 und 9) kann aber ermittelt werden, welche Teile der Aufnahme später rot, grün, blau, etc. eingefärbt werden müssen. Durch Überlagerung entstehen dann die typisch farbenfrohen Astrobilder (siehe Abbildung 10).

8. Die im Filterrad enthaltenen Filter.

9. Der Kamera-Aufbau am Hugo-Mathys-Teleskop.

Die Technologie hinter astronomischen Aufnahmen

Letztlich zeigt der Aufbau der wissenschaftlichen Astro-Kamera, dass hinter jedem faszinierenden Astrofoto eine hochkomplexe Technologie und viel Bearbeitungsaufwand steckt. Die Kamera verwandelt Licht in Daten, welche anschliessend zu visuell ansprechenden Bildern weiterprozessiert werden.

Die Entwicklung von CCD-Chips hat die Astronomie revolutioniert und ermöglicht es uns heute, selbst lichtschwache Objekte in den Tiefen des Universums sichtbar zu machen. Doch die Technologie steht nicht still: CMOS-Sensoren holen in vielen Bereichen auf, und künftige Innovationen könnten den nächsten grossen Wandel in der astronomischen Bildgebung einleiten.

10. Farbselektive Aufnahmen (RGB) und das bearbeitete Endprodukt.

Licht, das eine Geschichte erzählt

Für unser Hugo-Mathys-Teleskop bleibt die CCD-Kamera jedoch ein unverzichtbares Werkzeug. Sie erlaubt uns, das Universum mit höchster Präzision abzubilden - sei es für den wissenschaftlichen Einsatz oder zur Inspiration unserer Besuchenden.

Denn am Ende geht es nicht nur um Pixel und Elektronen, sondern um die Möglichkeit, Licht aus Millionen von Lichtjahren Entfernung in eine Geschichte zu verwandeln - eine Geschichte, die uns den Kosmos näherbringt.

Bilder
 

  1. Übersichtstabelle zu den Unterschieden von Astro-Kameras und DSLR-Kameras. (Eigenproduktion.)
  2. Querschnitt einer Digitalkamera. Übersetzt von R.A. Serway, C. Vuille und J. Huges, "Topic 25 - Optical Instruments," in College Physics - Edition 11, Boston, Cengage Learning, 2016, pp. 814-837.
  3. Teleskop mit DSLR-Kamera links und Astro-Kamera rechts. T. Jones, AstroBackyard, 2016-2025. (astrobackyard.com/resources)
  4. Aufbau eines einzelnen Pixels (schematisch). Adaptiert von N. Alfaraj (2017).
  5. Verschiebung der Ladung von Pixel zu Pixel. Adaptiert von N. Alfaraj (2017).
  6. Lynx Graphic Design, "15 puzzle," Lynx Graphic Design, 2018-2025. (lynxgraphicdesign.co.uk/news/15-puzzle)
  7. GIF zur Gitterstruktur eines dotierten Silizium-Kristalls. "Semiconductors-p-type," MakeAGif, 2019. (makeagif.com/gif/semiconductors-p-type-ypbqAp)
  8. Die im Filterrad enthaltenen Filter. (Eigenproduktion.)
  9. Der Kamera-Aufbau am Hugo-Mathys-Teleskop. (Eigenproduktion.)
  10. Farbselektive Aufnahmen (RGB) und das bearbeitete Endprodukt. Bilder von Martin Mutti, "IC417 - Rohbilder und fertige Astrofotografie," Wichtrach BE, 2023.

Quellen
 

  • C.E. Mortimer und U. Müller, "Kapitel 9: Molekülstruktur, Molekülorbitale," in Chemie, 10. Auflage, Stuttgart: Thieme, 2010, pp. 121-147.
  • Council for the Central Laboratory of the Research Councils, "4 Overview of CCD Detectors," in The 2-D CCD Data Reduction Cookbook, Didcot: Starlink Project, 2001, pp. 5-9.
  • ESO, "50 years of CCDs - The story of a detector that changed the course of astronomy," ESO Blog, 18.10.2019. (eso.org/public/blog/50-years-of-ccds)
  • G.E. Smith, "The Invention and Early History of the CCD," in Nobel Lecture, Stockholm, 2009.
  • J. Beyerer, F. Puente León und C. Frese, "6.6 CCD-Sensoren," in Automatische Sichtprüfung - Grundlagen, Methoden und Praxis der Bildgewinnung und Bildauswertung - 2. Auflage, Berlin Heidelberg: Springer, 2016, pp. 263-266.
  • J. Meyer, A. Summersby und M. Hawkins, "Bildsensoren erklärt," Canon, 2025. (de.canon.ch/pro/infobank/image-sensors-explained/#id_2307809)
  • N. Alfaraj, "A Review of Charge-Coupled Device Image Sensors," University of Toronto, Toronto, 2017.
  • R. Heilmann, "Boyle und Smith: Kristalle und die Bilderflut," in Die Geheimnisse der Kristalle, Berlin: Springer, 2024, pp. 205-209.
  • R.S. Wright Jr., "Astro-Imaging: The Truth about Raw Data," Sky & Telescope, 15.10.2020. (skyandtelescope.org/astronomy-blogs/imaging-foundations-richard-wright/astro-imaging-the-truth-about-raw-data)
  • S. Beck, Digitale Bildbearbeitung für Kometen, Self-Publishing, 2018.
  • W. Paech, "CMOS- und CCD Sensoren - Technik und technische Daten mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen im Vergleich," Baader Planetarium, 23.04.2020. (baader-planetarium.com/de/blog/cmos-und-ccd-sensoren-technik-und-technische-daten-mit-ihren-jeweiligen-vor-und-nachteilen-im-vergleich)

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