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Planetarien - Ersatz für den echten Sternenhimmel, oder doch viel mehr?

«Oh, das ist ja ein mega Kino!» Mit diesem eigentlich enthusiastischen Satz, betreten viele, gerade jüngere Besucher*innen zum ersten Mal das Planetarium im Space Eye, ihr erstes Planetarium überhaupt. Als Vorführer*in beschleicht einen bei dieser Aussage aber ein leichtes Unbehagen.

Zwar fallen die Eröffnung des ersten Kinos (1895) und der erste Auftrag zum Bau eines Planetariums (1913) in die gleiche Vorkriegs-Ära. Aber abgesehen von der Raumbestuhlung haben und hatten Planetarien und Kinos kaum etwas gemeinsam. Während Kinos von Anfang an für das Ausstrahlen vorgefertigter Filme, allenfalls mit Livemusik, konzipiert waren, konnte man in einem Planetarium bis weit in die 90er Jahre hinein mit einer Livevorführung des nächtlichen Sternenhimmels rechnen. Genauso, wie man praktisch sicher sein konnte, in einem Planetarium einen Sternen-Projektor anzutreffen, häufig von der Firma Zeiss, in Jena.

2. Aufbau des Kuppelgitters des Erprobungs-Planetariums auf dem Fabrikdach von Zeiss in Jena. Man beachte das schräge Dach!

3. Das verschraubte Stahlgerüst wurde anschliessend mit Beton überzogen. Dies wurde dank der Erfindung des sogenannten Torkret-Verfahrens überhaupt erst möglich.

Als es 1983 der amerikanischen Firma Evans & Sutherland zum ersten Mal gelang, kuppelfüllende Vektorgrafiken mit Hilfe einer Kathodenstrahlröhre (funktioniert im Prinzip wie ein Röhrenfernseher) zu projizieren war dies ein technischer Durchbruch. Es dauerte allerdings noch bis 1998, bevor es der ebenfalls amerikanischen Firma SkySkan gelang, den ersten kuppelfüllenden (Englisch «full dome») Film zu präsentieren.

Einige Jahre später - 2004 - wurde dann auch der erste «Spielfilm», eine moderne Adaption von Romeo & Julia, veröffentlicht. Das kam einer kleinen Revolution gleich. Nach wie vor ist es daher in der Planetariumswelt hochumstritten, ob solche Realverfilmungen überhaupt etwas auf einer Planetariumskuppel zu suchen haben. Trotz dieser (teilweisen) inhaltlichen Annäherung an das Kino unterscheidet sich das Planetarium noch wie vor grundlegend davon. Auch die jungen Besucher*innen stellen nach ihrer ersten Liveshow sehr schnell fest: «Das ist gar kein Kino, sondern ein Raumschiff!»

Der Unterschied zwischen einem Kino und einem Raumschiff

Interessant ist, dass die Erklärung dafür wahrscheinlich tatsächlich im Kerngedanken liegt, der dem Konzept «Planetarium» zugrunde liegt. Als das Deutsche Museum der Firma Zeiss 1913 den Auftrag erteilte, die dazu nötige Technologie zu entwickeln, hatte man das Ziel, dem Publikum letztendlich anschaulich erklären zu können, was hinter den beobachtbaren Bewegungen der Sterne und Planeten steckt.

Dazu wurde eine möglichst genaue Kopie, des aufgrund der zunehmenden Lichtverschmutzung nicht mehr sichtbaren Nachthimmels erschaffen. Insbesondere den naturfernen Städter*innen sollte aber auch die Natur selbst wieder zugänglich gemacht und deren Schönheit gezeigt werden. Auch mit heutiger «Weltraumsimulator-Technologie», die uns erlaubt, unser Sonnensystem mit etwas Abstand zu betrachten, steht under Planet und damit die Natur noch immer im emotionalen Zentrum.

4. Ein Screenshot des hier scheinbar flachen fulldome Kuppelbildes bei einem zeitgenössischen Planetariums-Film (aus dem Trailer zu «Centennial of the Planetarium».

5. Die Kuppel des Space Eye Planetariums während ihrer Entstehung. Das hellgraue Lochblech wird von den englischen Spezialisten vor Ort zugeschnitten und eingepasst.

Da die Nachhaltigkeit einer von drei inhaltlichen Schwerpunkten am Space Eye - Observatorium für Weltraum und Umwelt ist, war es nur logisch, dass während der beinahe zehnjährigen Planungsphase des Space Eye Observatoriums irgendwann ein Planetarium zum Ausstellungsbereich und dem Teleskop hinzugekommen ist. Ein Highend-Planetarium mit 8K Auflösung wurde 2023 zusammen mit dem restlichen Observatorium pünktlich zum Beginn der mehrjährigen Hundertjahrfeier der Planetarien eröffnet.

Da nämlich schon vor der Eröffnung des Planetariums am Deutschen Museum (1925) Vorführungen im Planetariums-Prototypen auf dem Fabrikdach von Zeiss durchgeführt wurden (1923-1924), ist es schwierig ein einzelnes Datum als Planetariums-Feiertag festzulegen. Dementsprechend hat man sich auf mehrere Jubiläumsjahre geeiniget die am 07.05.2025, dem dritten internationalen Tag der Planetarien, ihren Abschluss finden werden.

Bilder
  1. Himmelsgewölbe Screenshot von "CENTENNIAL OF THE PLANETARIUM" GDP; IPS (2023).
    
  2. Kuppelbau des Zeiss Planetarium in Jena aus Zum Planetarium: Wissensgeschichtliche Studien (2018).
  3. Stahlgerüst des Zeiss Planetarium in Jena aus Zum Planetarium: Wissensgeschichtliche Studien (2018).
  4. Fulldome Screenshot von "CENTENNIAL OF THE PLANETARIUM" GDP; IPS (2023). 
  5. Space Eye Planetarium im Bau. E. Dubois (2023).
Quellen
  • B. Goesl, H.-C. von Herrmann, K. Suzuki, Zum Planetarium: Wissensgeschichtliche Studien. Paderborn, Deutschland: Brill/Fink, 2018.
  • B. Pfändner und H. Singer, "Producing R+J - The first Immersive Cinema movie," Kieler Kuppel-Kalender - Jahrbuch Immersiver Medien 2007. Fachhochschule Kiel, pp. 46-53, 2007.
  • C. Braun, "Medienrezeption im Planetarium - Eine Headtracking-Studie zur Untersuchung des Zusammenhangs," Graur Literatur, Nr. 1, p. 33, 2022.
  • GDP; IPS, "CENTENNIAL OF THE PLANETARIUM - Die Sterne waren nur der Anfang," 2023. (planetarium100.org/de)
  • H. Ahner, "Gefühlte Natur und natürliche Gefühle," Zeitschrift für Empirische Kulturwissenschaft, Bd. 119, Nr. 1, pp. 26-46, 2023.

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