quick-actions.opening-hours.title

Kometenjagd Teil 1: Von historischen Methoden zu moderner Technik

Was können moderne Hobby-Astronom*innen von den frühen Pionier*innen der Kometenjagd lernen? Unser Artikel zeigt, wie sich heutige Technik aus historischen Methoden entwickelt hat und wie beides gemeinsam den Nachthimmel erschliesst - vielleicht sogar für eine eigene Kometenentdeckung!

Seit jeher faszinieren Kometen die Menschheit - und versetzen sie oft in Schrecken. Bis vor gut 1'000 Jahren wurden sie mehrheitlich als Vorboten des Unheils wahrgenommen.

Doch auch von dieser Regel gibt es Ausnahmen. «William the Conqueror» (deutsch: Wilhelm der Eroberer) etwa deutete das Erscheinen des Halleyschen Kometen im Jahr 1066 als günstiges Omen, das seinen Anspruch auf den englischen Thron stärkte.

Für die Gegenseite dürfte aber die übliche Wahrnehmung als böses Omen wahrscheinlicher gewesen sein.

1. Ein Ausschnitt des 70 Meter langen «Teppichs von Bayeux». Diese mittelalterliche Bildergeschichte erzählt die Eroberung des englischen Throns durch William the Conqueror.

Mit Giotto di Bondones berühmtem Fresko «Adorazione dei Magi» (Deutsch: «Anbetung der Heiligen Drei Könige»), entstanden zwischen 1303 und 1305, begann die Wahrnehmung von Kometen aber endgültig ins Positive zu wandeln.

Inspiriert vom erneuten Erscheinen des Halleyschen Kometen im Jahr 1301, malte Giotto ihn als leuchtenden Stern von Bethlehem - ein Symbol für Hoffnung und göttliche Führung. Von do an wurden Kometen zunehmend als positive Vorzeichen verstanden.

2. Der Halleysche Komet befindet sich auf der südlichen Wand der Scrovegni-Kapelle in Padua. Man beachte das sich freuende, fröhlich lachende Kamel links!

Kometen machen das Universum dreidimensional

Unumstritten ist die faszinierende Wirkung von Kometen. Der Brite Martin Mobberley fasste sie in seinem Buch «Hunting and Imaging Comets» folgendermassen zusammen:

« Selbst für Menschen, die sich nicht für Astronomie interessieren, kann ein solches Spektakel [, die Ankunft eines Kometen,] ihre Faszination wecken. Plötzlich erscheint das Universum dreidimensional, und sie stehen auf einem kleinen Planeten, während sie beobachten, wie etwas Gigantisches durch das innere Sonnensystem schwebt.

[Solche] dramatische[n], nahe[n] Phänomene sind etwas ganz Besonderes und zeigen uns - falls es eines Beweises bedarf -, dass wir in einem Sonnensystem leben, in dem absurd grosse Fels- [& Eisbrocken!] mit unvorstellbarer Geschwindigkeit die Sonne umkreisen. »

Kometen als Initialzünder für das Interesse an Astronomie

Aber Kometen haben nicht nur für Lai*innen eine solche Wirkung. Auch für «grosse Persönlichkeiten» der Astronomie spielen und spielten sie eine wichtige Rolle.

Johannes Kepler, der Sonnensystem-Geometer und Astronom soll von seiner Mutter zur Beobachtung des Kometen von 1577 vor die Tore der Stadt Leonberg mitgenommen worden sein.

Womöglich wurde sie dadurch zur entscheidenden Weichenstellerin für die zukünftige Berufung ihres damals sechsjährigen Sohnes.

3. Eine Gedenkmedaille für den Kometen von 1577.

Andere wiederum motivierte ihre Kometen-Begeisterung zur Entwicklung grosser Werke, die auch heute noch Anwendung finden.

Charles Messier (1730 - 1817), von König Louis XV «le furet des comètes» (Deutsch: «Kometenwiesel») genannt, da er wie ein Wiesel unermüdlich nach Kometen suchte, entwickelte den berühmten Messier-Katalog überhaupt nur, weil er verhindern wollte, dass man unbewegliche Objekte im Nachthimmel mit ähnlicher Form irrtümlicherweise für Kometen hielt.

4. Eine Übersicht der Messier-Objekte in Form eines «Periodensystems». Erdacht und umgesetzt durch Michael Keith.

Genau so, wie ihr Zeitgenosse, musste Caroline Herschel (1750 - 1848) den Nachthimmel noch manuell und systematisch mit dem Teleskop absuchen. Eine mühselige Arbeit, die sie aber besonders sorgfältig ausführte.

Die durch Fotografien unterstützte und dadurch vereinfachte Suche nach Kometen nahm ihren Anfang erst in der Ära ihres Neffen John Herschel.

5. Clyde Tombaughs Blinkkomparator, mit welchem er 1930 Pluto entdeckte. Das Gerät wurde von der Firma Zeiss hergestellt.

Fotografie revolutionierte die Kometensuche

Im Zwanzigsten Jahrhundert waren die Fortschritte im Bereich der Fotografie schliesslich so gross, dass ein gewisser Clyde Tombaugh (1906 - 1997) mit Hilfe des sogenannten Blinkkomparators 1930 sogar den Zwergplaneten Pluto entdecken konnte, obwohl dieser auf den Fotoplatten um ein Vielfaches kleiner war als ein durchschnittlicher Komet mit Schweif.

Ein so komfortables Equipment, wie es Herr Tombaugh zur Verfügung stand, war aber auch in den darauffolgenden Jahren nicht selbstverständlich.

Svetlana Gerasimenko und Klim Churyumov - die Entdeckerin und der Entdecker des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko (deutsche Schreibweise) - mussten noch 1969 ihre Fotoplatten von Hand, also ohne Blinkkomparator auswerten.

Ab 1976 wurde die Fotoplatten-Technologie nach und nach durch CCD-Sensoren in Kameras und anderen Geräten ersetzt.

6. Svetlana Gerasimenko und Klim Churyumov 1975 (links) und 2004 beim Launch der Rosetta Raumsonde in Kourou, Französisch Guyana (rechts).

Kometensuche heute: Besser ausgerüstet als jemals zuvor

Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass die heutzutage Lai*innen zugängliche Ausrüstung so manchen der oben erwähnten Profis der vergangenen Jahrhunderte vor Neid erblassen lassen würde. Die CCD-Sensoren ermöglichen selbst Hobby-Astronom*innen eine beeindruckende Präzision bei der Himmelsbeobachtung.

Doch obwohl grosse Observatorien und Institutionen wie die NASA oder das European Southern Observatory (ESO) inzwischen auf vollautomatisierte Himmelsdurchmusterungen setzen, sind eigene Entdeckungen nach wie vor möglich. Mit Geduld, einem guten Teleskop und dem nötigen Wissen können auch heute noch Kometen aufgespürt werden - ganz wie in der Vergangenheit.

Unser Standort auf der Uecht hat die spannende Entwicklung von der Ära der Fotoplatten bis hin zur CCD-Technologie ebenfalls miterlebt. Ein kleines Räumchen in der historischen Willy Schaerer Sternwarte, das einst als Fotolabor diente, zeugt noch von den Anfängen dieser Umstellung.

Heute verfügt das Hugo-Mathys-Teleskop im Space Eye vis-à-vis aber über eine fix montierte Kamera mit CCD-Chip, die uns hilft, den Himmel so detailliert wie nie zuvor, zu beobachten.

Wie genau diese Technik zum Einsatz kommt und wie du selbst zum/r Kometenjäger*in werden kannst, erfährst du in den weiteren Teilen dieses Artikels.

7. Pluto auf dem Blinkkomparator.

Bilder
 

  1. "Ville de Bayeux, DRAC Normandie, Université de Caen Normandie, CNRS, ENSICAEN," 2017. (bayeuxmuseum.com/la-tapisserie-de-bayeux/decouvrir-la-tapisserie-de-bayeux/explorer-la-tapisserie-de-bayeux-en-ligne)
  2. K. Wojtczak, "Painting of the Week: Giotto di Bondone, Adoration of the Magi," 09.01.2019. (dailyartmagazine.com/giotto-di-bondone-adoration-of-the-magi)
  3. Gedenkmedaille für den Kometen von 1577 aus D. Lorenzen, 2023.
  4. M. Keith, "The Periodic Table of Messier Objects," 2014. (cosmicneighbors.net/PeriodicMessier.htm)
  5. Der Blinkkomparator im Grössenvergleich mit Mitarbeitenden aus D. DeVorkin, 2015.
  6. ESA, "Svetlana Gerasimenko - co-discoverer of comet 67P," ESA Science, 01.09.2019. (sci.esa.int/web/rosetta/-/54597-svetlana-gerasimenko)
  7. Howard Cowen, "The Blink Comparator," YouTube, 18.02.2021. (youtube.com/watch?v=qp9ZSjAqmw8)

Quellen
 

  • C., "Klim Churyumov and Svetlana Gerasimenko: meet the discoverers of Rosetta's comet," ESA, 20.10.2014. (blogs.esa.int/rosetta/2014/10/20/klim-churyumov-and-svetlana-gerasimenko-meet-the-discoverers-of-rosettas-comet)
  • Council for the Central Laboratory of the Research Councils, "4 Overview of CCD Detectors," The 2-D CCD Data Reduction Cookbook, 2011. (starlink.eao.hawaii.edu/docs/sc5.htx/sc5se4.html?utm)
  • D. DeVorkin, "Finding Pluto With the Blink Comparator," National Air and Space Museum - Smithsonian, 14.05.2015. (airandspace.si.edu/stories/editorial/finding-pluto-blink-comparator)
  • D. Lorenzen, "Johannes Kepler und die Entdeckung des Himmels," SWR >> Kultur / Wissen,, 18.08.2023. (swr.de/swrkultur/wissen/johannes-kepler-und-die-entdeckung-des-himmels-106.html)
  • M. Mobberley, Hunting and Imaging Comets, New York: Springer Science+Business Media, 2011.
  • NASA, "Charles Messier - (1730-1817) Astronomer," SMD Content Editors, 2023. (science.nasa.gov/people/explore-the-night-sky-hubbleatms-messier-catalog-bio)
  • S. Bowler, "Trapping starlight," Astronomy & Geophysics, 01.02.2020, pp. 1.28-1.31.
  • S. Ruskin, "Herschel, Caroline Lucretia," The Biographical Encyclopedia of Astronmers, New York: Springer Science+Business Media, 2007, pp. 491-492.

Themenbereiche: